Klimaziele, Energiewende, Artenschutz – Begriffe, die in aller Munde sind und dennoch manchmal schwer greifbar sind. Der gesetzliche Rahmen ist gesteckt: Deutschland, und damit auch alle Immobilien sollen bis 2045 klimaneutral sein. Ein großes Ziel, das durch unterschiedlichste Maßnahmen erreicht werden kann. Eine Maßnahme ist Energie einsparen und hier gibt es einen ganz konkreten Klimatipp: „Überbeleuchtung reduzieren“. Hier setzt die Initiative „Paten der Nacht“ mit ihrer Aktion „22 Uhr – Licht aus!“ an. Wir haben bei Manuel Philipp, Initiator der Paten der Nacht sowie der „Earth Night“ nachgefragt, was hinter dieser Aktion steckt:
Herr Philipp, welche Ziele verfolgen Sie mit der Initiative „Paten der Nacht“?
Die nächtliche Beleuchtungsstärke durch Kunstlicht, wir sprechen hier von Lichtverschmutzung, hat in Deutschland in den letzten Jahren jährlich um 6 % zugenommen. Sehr eindrucksvoll ist diese Zunahme zwischen 1992 und 2010 auf unserer Homepage auf einer virtuellen Karte zu sehen (www.paten-der-nacht.de/lichtverschmutzungs-karte-europa-entwicklung/). Dies hat neben dem Stromverbrauch gravierende negative Auswirkungen auf die Flora und Fauna und auf uns selbst! Doch zurück zu unseren Zielen: Wir als Paten der Nacht setzen uns dafür ein, dass nächtliche Beleuchtung reduziert und eingeschränkt wird. Dazu sensibilisieren und beraten wir Unternehmen, Kommunen und Privatleute wie sie ihre Außenbeleuchtung umstellen, reduzieren oder ganz abschalten können. Dabei haben wir einige einfache Grundsätze aufgestellt, wie z.B. Naturflächen sollen nicht mehr beleuchtet werden, auf Gebäudeanstrahlung soll im Sommer verzichtet und Werbebeleuchtung ab 22 Uhr abgeschaltet werden.
Sie haben eben die negativen Umweltauswirkungen von Lichtverschmutzung angedeutet, was bewirkt denn die Lichtverschmutzung?
Das Artensterben wird mittlerweile als eine ebenso große Bedrohung wie der Klimawandel eingeschätzt. Dabei trägt u.a. die Lichtverschmutzung massiv zum Rückgang der Arten bei. 60 % der Arten bei uns in Deutschland sind nachtaktiv, bei den etwa 3000 Schmetterlingsarten sind sogar mehr als 90 % nachtaktiv. Durch das viele Kunstlicht werden sie geblendet, abgelenkt und irritiert und in ihren nächtlichen Aktivitäten wie Bestäubung, Fortpflanzung und Futtersuche gestört. Für unzählige Insekten wird Licht sogar zur tödlichen Falle, jedes Jahr sterben in Deutschland einige hundert Milliarden Insekten aufgrund künstlicher Beleuchtung. Der Rückgang der Insektenmasse um etwa 80% in den letzten 30 Jahren hat auch auf uns gravierende Folgen. Insekten sind die wichtigsten Pflanzen-Bestäuber, lt. einer Studie der Universität Hohenheim liegt in Deutschland der volkswirtschaftliche Nutzen durch Bestäubungsleistung bei etwa 3,8 Mrd. Euro. Hier wird deutlich, wie wichtig Insekten für unsere Nahrungssicherheit sind. Doch nicht nur der Mensch ist angewiesen auf Insekten: sie sind die größte und wichtigste Nahrungsquelle im Tierreich, für Vögel, Amphibien, Fische, etc.
Doch ich möchte noch auf einen ganz anderen Aspekt der Lichtverschmutzung eingehen: Durch nächtliches, meist blaues Kunstlicht gerät der menschliche Wach-/ Schlafrhythmus außer Takt und unser Schlafverhalten wird massiv durch das zunehmende Kunstlicht gestört. Auf Dauer kann das zu schwerwiegenden Krankheiten führen.
Aber ist nicht die Hauptursache für Lichtverschmutzung die kommunale Straßenbeleuchtung oder anders gefragt: was bringt denn die Umstellung von Beleuchtung gewerblicher und privater Immobilien, wenn die Kommune ihre Straßenbeleuchtung weiter wie bisher betreibt?
Die Beleuchtung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze ist nach Studien nur zu etwa 1/3 für die Aufhellung der Nächte verantwortlich. Sie ist also nicht die Hauptursache. Zu einem weiteren Drittel trägt die gewerbliche Außen- und Werbebeleuchtung bei, was eine Studie aus Wien errechnet hat. Also ein ebenso erheblicher Anteil. Hier sehen wir vor allem für Immobilienbesitzer- und -verwalter ein großes Potential, um Nachhaltigkeit schnell und unkompliziert umzusetzen: Außenbeleuchtung kann mit intelligenten Beleuchtungskonzepten umgerüstet werden. Doch den insgesamt größten positiven Effekt sehen wird mit unserer Aktion „22 Uhr: Licht aus!“. Denn optimiertes nächtliches Licht nützt Umwelt, Natur und Mensch nichts, wen es die gesamte Nacht durchleuchtet. Deshalb lautet der einfache, äußerts pragmatische Ansatz: freiwillig um spätestens 22 Uhr Werbebeleuchtung und Außenstrahler aus. Das spart Energie und CO2, fördert und erhält die Artenvielfalt, und das Unternehmen kann die Aktion gezielt an die Kunden kommunizieren und sein Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltschutz direkt kommunizieren – eine 3-fache win-win Situation! Greenwashing ist hier ausgeschlossen, da jeder sofort sieht, ob das Licht in der Nacht wirklich aus ist und dauerhaft aus bleibt!
Herr Philipp, Sie haben oben schon angedeutet, dass Sie auch Unternehmen informieren und beraten. Haben Sie auch ein Angebot für unsere Software24.com Kunden, wie können interessierte Immobilienbesitzer oder -verwalter das Thema angehen?
Wir arbeiten mit verschiedensten Unternehmen und Organisationen zusammen, die auf unserer Homepage explizit als Partner genannt werden (https://www.paten-der-nacht.de/verzeichnis/). Wir bieten für Interessierte neben individueller Beratung auch Vorträge und Workshops an. Immobilienverwalter können hier an unseren offenen Angeboten teilnehmen, um sich zum Thema Lichtverschmutzung zu informieren oder spezielle online Workshops zu besuchen, die mit einer individuellen Beratung gekoppelt sind. Kontaktieren Sie uns gerne unter info@paten-der-nacht.de, wir finden bestimmt das passende Angebot für Sie und Ihre Immobilie.
Herr Philipp, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre Initiative!
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